3 bis 4 Tage hat die Ärztin gesagt. Schaue in die Antibiotika-Packung, deutlich geleert. Dosis nur noch für den nächsten Tag. Schatz, die Brust ist immer noch rot. Wir sind jeden Tag in den Uni-Kliniken Münsters. Warum nicht mal kurz vorstellen? Welche Alternativen? Kenne keinen Arzt mehr in der Stadt. „Stellen Sie sich an der Leitstelle West vor“. Herumirren in den Bettentürmen der Klinik. Erdgeschoss, Notaufnahme Leitstelle West, Wartemarke, Hier nur Kinder, bitte 5ter Stock.
5ter Stock Leitstelle West, Wartemarke, „Weiß – nicht – ob – noch – ein – Arzt – da – ist“. Schauen Sie in Zimmer 805. Links rechts Aufzug Tür. Landen im Treppenhaus, Weg führt ins Nichts. Zimmer 805 im 8ten Stock? Rauf runter raus, RAUS HIER. Herz rast, Atmung wird schnell.
Mein Mann ist bei mir. Diesen Satz werde ich noch öfter sagen.
Zurück, Zimmer 805 finden, Ärzte in Konferenz, Ermahnung, morgens um 8:00 zu kommen, ja morgen könnte ich auch, mein Mann guckt böse. Na gut, Bitte warten. Etiketten holen, zurück zur Leitstelle, Ärztin kommt. „Seit wann, ja, mhmh, wie viele Kinder rauchen Sie? Ich schaue es mir mal an.“ Der Ultraschall weckt Erinnerungen, bisher tauchte bei Ultraschall-Untersuchungen ein kleines, schnell pochendes Herz auf. Ist ein bißchen her, die Erinnerung stirbt nie.
Flüssigkeit in Lymphspalten, nix zu sehen, sollte mal mammographiert werden. Oberarzt kommt, fachsimpeln, Brust imponiert ödematös geschwollen, ja ja mhmh. Antibiose einstellen, Entzündung ja ja mhmh. Ein anderes Antibiotikum verwenden. Blut abnehmen, Ergebnisse nachmittags erfragen. Der Oberarzt übernimmt das Ultraschallgerät. Mh Mh ja ja, mh. Augenbraue geht hoch. Mh Mh ja ja. Der untere Bereich der Brust. Mh Mh. Gefällt mir nicht. Hin und her gleitet der Kopf des Ultraschallgerätes auf einer Stelle über die mit kühlendem Gel eingeschmierte Brust. Sehe selber nix, man könnte mir auch sagen „es wird ein Junge“. Im Bericht wird später stehen: Suspekt auf 6 Uhr.
Ernster Blick des Arztes, „die Stelle gefällt mir nicht. Wenn es nicht besser wird, rufen Sie Montag morgen an, ich schiebe Sie zur Gewebeprobe dazwischen. Dann muss ich eine andere Ursache ausschließen.“ Gestern noch mit dem Schwager über das Warten auf Untersuchungen gesprochen, wenn stundenlang nix passiert, weil Notfälle dazwischen kommen. Auf der anderen Seite möchte man nicht stehen.
Antibiotikum abholen, im ganzen UniKlinikum keine Apotheke, hihi. Arm- und Beinprothesen kann man dort im Schaufenster aussuchen, aber ein verschriebenes Medikament? Höhö.
Die erfragten Blutwerte sind topp, alles im Normbereich. Kein Arzt mehr da, der mir sagt, was das heißt.
Keine sichtbare Entzündungsreaktion bei der Rötung? Mhmh jaja.
Abends essen mit den Eltern im Kiepenkerl. Der Ort, an dem eines schönen Sommertages ein SUV in einen Eiskaffee oder Hugo rast. Essen und Atmosphäre topp. Kalle (der Mann) kann Schwiegersohn. Sauberes Hemd, galante Unterhaltung, dezentes Flirten mit der Ehefrau.
Der Abend ist kurzweilig, ja ja der Schwager-so-alt-ist-der-der-doch-noch-gar-nicht. Die Eltern altern, besonders beim nach Hause bringen wird es unübersehbar.
Neujahrsvorsatz: Mehr und öfter kümmern, mal sehen, wie lange das vorhält.