Juli 15, 2019

Der Freak

Also wieder um den See, möglichst schnell wieder auf die Beine kommen.

Stopfe mir meine Erstversorgung in den Prothesen-BH und stapfe los.

Auf halbem Wege überrascht ein Sommergewitter, eines von denen, nach denen der Boden dürstet und die zur Zeit viel zu selten auftreten.

Der Regen ist ja warm denke ich zunächst, bin dann aber doch rasch auf der Suche nach einem Unterstand. Die Jacke schon durchnässt, da fällt mir ein: Die Erstversorgung ist aus WATTE.

Ein Material-Container mit einem kleinen Vordach bietet sich an, darunter ein Freak mit zwei Hunden, höflich frage ich ihn nach ein wenig Platz für mich.

Er nickt, der alte schwarze zottelige Hund klopft zur Begrüßung dreimal mit seinem Schwanz auf den Boden.

Der andere, Kampfhund ist drin, jung, intakter Rüde, geifert sofort los, zerrt an viel zu kurzer Leine, bleckt die Zähne.

Der Freak schaut ein wenig abwesend und murmelt ein paar mal den Namen des Hundes – er könnte ihn im Ernstfall nie halten.

‚Du blöde kleine Kampfwurst‘ sagt mein inneres Ich, ‚ich bin nicht durch diesen Chemo-Marathon durch und habe mir jetzt eine Brust abschneiden lassen, um mich hier unter diesem trostlosen Container-Vordach von dir zerfleischen zu lassen.‘ 

Der Hund ahnt die kompromisslose Stärke, die der Krankheit geschuldet ist, und knurrt nur noch leise aus der Deckung heraus.

Mein Mann ruft an, er käme gerade von der Arbeit, ob er mich mit dem Auto aufsammeln soll?

Ja, Bitte!

Die Watte ist trocken geblieben.

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