Am Vorabend der Chemo: Angst, Nervosität. Ab ins Fitnesstudio, hämmere meine Angst ins Laufband und die Geräte. Kann tatsächlich schlafen.
Am nächsten morgen dann auf. Zur Zeit sind alle Relax-Stühle belegt. Die Schwester bringt ein Gestell und behängt es mit Flaschen, so sorgfältig, als dekoriere sie einen Christbaum.
Sie erklärt mir die Wirkungen und die Nebenwirkungen: Eine Flasche hat eine quietschorange Substanz, der Farbstoff wird wieder rauskommen, nicht erschrecken. Dann noch Schutz für gesunde Zellen, die Chemo an sich. Eine Flasche enthält nur Kochsalzlösung: “Wir nennen das: Bewässerung des Patienten” grinst sie schelmisch.
Mein Mann bliebe bei mir, aber ich schicke ihn weg. Dieser Ort gehört den Kranken. Den Haarlosen Blassen Schlurfenden. Keine Frau soll sich hier schämen müssen, wir sind vereint im Krebs.
Ein Relax-Stuhl wird frei, Schmusedecke ausgepackt, Port-Premiere: Nadel rein, zurücklehnen, Kopfhörer auf.
5 Stunden laufen jetzt die Substanzen in mich herein. Das Hörbuch und die Mattigkeit versetzen in einen beinahe meditativen Zustand.
Die Onkologin kommt, strahlt mich wieder an. Das MRT sei gut, das Ding an der Leber wirklich nur eine Zyste, das wollte sie überprüft haben.
Mein Mann holt mich ab. Ich bekomme noch eine Spritze mit Wirkstoff für den sowieso schon zerschundenen Bauch.
Die Ärztin hat entschieden, den zunächst auf drei Wochen geplanten Rhytmus auf zwei Wochen zu verkürzen. Das erhöhe die Heilungschancen, die Tumorzellen können sich dann nicht so gut erholen, und meine Werte und Substanz ließen einen Versuch zu. Nun denn, rein damit.
Abends zu Hause: Chemo ist kein Spaß, das soll hier reichen. Sogar die Brust ist blaß.
Liege auf dem Sofa und sage mir: Pah, es gab Parties und Magen-Darm Infektionen, da habe ich mich schlechter gefühlt.
Der Urin ist quietschorange.
Wache am nächsten morgen auf und fühle mich tatsächlich erfrischt. Schlaf ist ein Wundertier. Einen kurzen Moment denke ich drüber nach zu meinen Mädels zum Sport zu fahren, um wenigstens dabei zu sein. Nach dem Aufrichten weiß ich, dass das eine Schnapsidee ist…