Januar 29, 2019

Ring frei zur ersten Runde

So mein lieber Krebs, das Vorgeplänkel ist vorbei. Ich bin gewogen und vermessen, alle Daten auf CDs und ich habe einen Port, um Dir die Dröhnung optimal zu verabreichen.

Ich habe Dich nicht mit Alkohol und Schokolade gefüttert und mit Trainings trotz Schmerzen und OP meine Fitness erhalten.

Mein Mann hat mir eine katzenhaarfreie Schmusedecke ausgesucht.   Kopfhörer sind unterwegs, Hörbücher sind aufs Handy kopiert. So bekomme ich die 5 Stunden der Chemo rum.

Die Perücke ist bestellt.

Ich werde Deinetwegen viel Zeit im Bett verbringen und habe mir eine neue bequeme Matratze geordert.

Meine Familie, meine Freunde und meine Nachbarn sind für mich da und bauen mich auf, wenn es sein muß. Für die ganz schlimmen Momente habe ich einen professionellen Ansprechpartner.

Meine Ärzte – allen voran Dr. U.  – wissen, was sie tun.

Eine Patientenverfügung haben wir schon länger. Ich vertraue meinem Mann, im Ernstfall alles richtig zu entscheiden.

Ich unterschätze Dich nicht, aber gebe nicht von vornherein auf.

In Münster, bei den Besuchen beim Schwager warst Du wieder sehr präsent – der Krebstod der Schwägerin jährte sich zum 20. mal. Die Erinnerungen an die Frau, die hohläugig sagte: Solange ich atme, lebe ich. Einen Atemzug nach dem anderen.

Damals vor 20 Jahren hast Du mir zugewunken, ich sah dich immer breitbeinig und hochnäsig grinsend in der Ecke stehen, wie Martin Semmelrogge in seinen frühen Rollen als halbstarker Autoknacker.

Ich wollte nix mit Dir zu tun haben, wer will das schon. Rauche seitdem nicht mehr. Keine ausgedehnten Sonnenbäder. Nix mit zuviel Zusatzstoffen essen. Kein Deo mit Aluminium, nicht zuviel rotes Fleisch. Neue Sachen einmal durchwaschen.

Nun hast Du mich also doch in der Brust erwischt und krallst Dich untrennbar in mein Fett- und Drüsengewebe.

Dass Dich die Chemotherapie welken läßt wie den angesprochenen Martin. Ich bin bereit und habe mein eigenes Mantra.

Wir sehen uns Donnerstag.

Und das allerwichtigste, lieber Krebs: Du bist nicht das Einzige was abgeht.

Heute ist der 29. Januar, Alles Liebe zum Geburtstag großer Sohn! Feier so gut Du mit Deiner Erkältung kannst!

 

 

11 Comments

  • Liebe Tante Tina, halt die Ohren steif und lass‘ Dich nicht unterkriegen! Zeig dem Krebs wo der Hammer hängt und dass Du Herrin in Deinem Körper bist. Du schaffst das! Ich denke an Dich.
    Viele liebe Grüße aus Wuppertal, Claudi

  • Meine Liebe, in Gedanken bin ich bei Dir. Es wird ein harter Weg, aber ich weiss, Du schaffst es. Tritt dem dämlichen Krebs ganz doll in den Hintern. Und vergiß nie, im Herbst will ich Dich wieder hier in Iserlohn sehen. Alles Liebe und wir telefonieren.

    • danke dir. Bin gerne bei Euch.. du musst jetzt eine Zeitlang alleine auf den kleinen Robin aufpassen aber ich weiß: Du schaffst das auch. Ich umarme dich.

  • Nach dem Lesen deiner „Geschichte“ sind wir sehr beeindruckt, wie toll du schreibst. Man kann wirklich gut nachvollziehen, was für eine Achterbahnfahrt du so erlebst.
    Du bist eine tolle und starke Frau und wirst diesen Scheißkrebs besiegen – da sind wir uns sicher!!!!!
    Eine dicke Umarmung von uns Beiden.

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