Januar 25, 2019

Nummer drei weint – die OP

Heute also die Port OP. Unter dem Schlüsselbein ein kleiner Schnitt, und die Chemo wird mir nicht in die Vene gespritzt werden müssen. Schont die Gefäße, Medikamente mischen sich besser in der großen Herzvene. 7:00 da sein, Krank sein ist nix für Langschläfer.

OP-Hemdchen anziehen, ich bin Nummer eins auf dem OP-Plan. Nummer drei liegt im Nebenbett, auch ein Port. Pfleger D. holt mich ab, norddeutscher Einschlag. Schiebt mich durch die Gänge, wir fragen uns, ob der Port auch für Jägermeister funktionieren würde. Umbetten im OP-Vorraum, D. gibt mir das Gefühl, er hätte das Tuch nur für mich angewärmt und deckt mich damit zu, als sei dies eine Wellnessbehandlung in einem teuren Hotel. Fließbandgeschäftigkeit im Vorraum, Name mehrfach nennen, passt zum Bändchen am Arm, Edding-Kreuz noch gut zu sehen? Zugang legen, ab in den OP, grelles Licht, die Geräte heißen immerhin Definition und nicht Inspiration. Ärztin stellt sich vor, Betäubung in den Zugang, Ärztin legt los. Mag heute nicht tapfer sein und quengel nach mehr Schmerzmitteln.

Im Aufwachraum schlage ich dann die Augen auf. Weiß nicht wieso, eine lokale Betäubung war abgesprochen. Ah, da sind Sie ja wieder, es gab Komplikationen. So so was denn? Das wisse sie auch nicht, und legt mir noch eine Infusion mit Schmerzmitteln. Sieht die rote Brust, befürchtet allergische Reaktion, nein nein das ist der Krebs.

Sie müsse auch halbjährlich zur Untersuchung sagt sie, die Tante die Mutter, die Schwester, ein paar bereits gestorben. „Wenn es rot wird“, sage ich zu ihr, „zögern Sie nicht“.  Sie will für mich beten. Insch’allah flüstert sie.

Zum Röntgen schieben, habe keine Anmeldung? Nein Kontrolle wurde schon während der OP gemacht, zurück auf das Zimmer. Nummer drei weint leise. Die OP ist nicht schlimm, versuche ich zu trösten. Sie sieht mich an, nein das ist es nicht. Der Krebs ist bei ihr am Zwölffingerdarm und verursacht Schmerzen. Es gab Verzögerungen im OP-Plan und sie müsse ja nüchtern bleiben und könne keine Schmerzmittel nehmen. Ich schäme mich für meine Komplikation und hätte die OP-Position jederzeit getauscht. Den Krebs tauschen? Unerträgliche Schmerzen, dafür Brüste behalten? Es ist zu ‚meinem‘ Krebs geworden.

D. bringt Tee und Kekse, mein Mann kann mich wieder abholen.

Im Arztbrief erfahre ich die Natur der Komplikation: Atypischer Venenverlauf, Positionierung nur mit Führungsdraht und Kontrastmittel möglich.

Bekomme einen Ausweis, es könnte piepen am Flughafen und an Supermarktkassen, sowie Information zu meinem innovativen ‚Power-Port‘. Den Pullover ausziehen wird dann jetzt zur Power-Port-Präsentation.

Etwas matschig von den Medikamenten und der OP. Tee auf dem Sofa und Handball im Fernsehen.

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert